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SelbstEhrlichkeit: Dein stärkstes Tool, um Stress & Belastungen klar zu erkennen

Aktualisiert: 11. Sept.

Die Autorin hält sich einen Telefonhörer ans Ohr und lauscht neugierig
Ehrlich hinhören

Vor kurzem berichtete mir eine Klientin, dass sie gar nicht versteht, woher ihre innere Unruhe und das Gefühl nicht abschalten zu können kommen. Eigentlich war in ihrem Berufs- und Privatleben gerade vieles sehr in Ordnung - und doch gab es offensichtlich etwas, das sie viel Energie kostete.


Was ist Selbstehrlichkeit?


Selbstehrlichkeit ist für mich im ersten Schritt die Entscheidung, sich mit sich selbst zu beschäftigen. Und zwar nicht husch husch. Sondern mutig, echt und verletzbar. In diesem Moment geht es nicht darum zu performen oder (sich selbst) etwas zu beweisen. Es geht darum, anzuhalten und hinzuschauen, was in diesem Moment da ist. Dabei geht es nicht um Vollständigkeit. Oder darum sofort alles erklären oder entschärfen zu können. Es ist erst einmal die Entscheidung nur für Dich eine ehrliche Bestandsaufnahme von Deinem Innendrin zu machen. Dem Innendrin, wo die Gefühle wohnen und manchmal auch hausen. Übrigens - jedes Gefühl, das Du dort findest, ist okay. Auch die wilden, die in den dunklen Ecken, die schmerzhaften, die abgestumpften. Gefühle sind ein paar unserer wertvollsten Mitarbeitenden und jedes hat auf dem Weg nach vorne etwas wichtiges zu sagen. Und es ist auch okay aufgewühlt, erst einmal überfordert und ratlos mit den Funden zu sein. Du musst nicht sofort alles wissen und wenn Du nicht willst, musst Du auch nichts mit Deinen Funden tun - es ist erstmal nur eine Entdeckungsreise, eine Bestandsaufnahme.



Warum ist Selbstehrlichkeit heute so wichtig?



Ein Frau sitzt an einem vollen Schreibtisch und stützt erschöpft der Kopf in die Hände.


Ich glaube, die Gefahr, das eigene Leben in großen Stücken zu verpassen, ist heute sehr groß. Obwohl an so vielen Ecken Individualität gepredigt wird, lernt kaum jemand, was es wirklich bedeutet ein menschliches Wesen in Präsenz zu sein. Und die Möglichkeiten sich abzulenken, wenn es im eigenen Inneren ungemütlich wird, sind endlos. Es war auf eine Weise noch nie so einfach, sich selbst aus dem Weg zu gehen und das eigene Innere zu vermeiden. Große Konzerne verdienen Milliarden damit, Menschen 24/7 von sich selbst und ihrem eigenen Leben abzulenken.

Ablenkung mag als kurzfristige Strategie zum Umgang mit herausfordernden Situationen und Gefühlen auch in Ordnung sein. Wenn es Deine einzige Strategie ist, kann das mittel- und langfristig problematisch werden. Denn Du verpasst nicht nur ein echtes Stück Deines Lebens, sondern auch unzählige Entwicklungschancen. Die Chance Dich wirklich kennenzulernen, zu wachsen, Deine Möglichkeiten auszuloten und Dein Leben komplett für Dich zu erobern.

Denn es gibt Wege, sich mit dem eigenen Inneren und den manchmal sehr lauten oder völlig abwesend scheinenden Gefühlen so zu beschäftigen, dass daraus Positives entstehen kann. Zum Beispiel eine höhere Belastbarkeit, weil Du nicht mehr so viel Energie dafür einsetzen musst, um Deine Gefühle in Schach zu halten. Eine reduzierte innere Geräuschkulisse. Weniger Taubheit, mehr Lebendigkeit. Weniger Entwederoder und weniger Druck. Und dafür so viel mehr innere Freiheit.



Mit Selbstehrlichkeit ins Handeln kommen


Wenn Du nicht nur funktionieren und Deine Zeit auf diesem Planeten so nebenher abhandeln möchtest, führt kein Weg daran vorbei, Dich selbst richtig gut kennenzulernen. Und ich meine damit sehr viel mehr als über Dein Lieblingsessen und Deinen liebsten Platz auf dem Sofa Bescheid zu wissen. Ich meine das anwendbare Wissen darum, wie Du Dich durch große Schmerzen und Enttäuschungen hinweg selbst halten kannst, ohne Dich zu betäuben. Wie Du gut und zutiefst liebevoll für Dich sorgen kannst, so dass Dein Leben in satter Fülle stattfinden kann. Dass Du weißt, wie Du herausfinden kannst, was mit Dir los ist, um dann entsprechend gut reagieren zu können.

Du weißt dann zum Beispiel, was Du tun kannst, wenn Dir alles zu viel ist. Mehr noch - Du wirst wahrscheinlich frühzeitig mitbekommen, wenn Dir gerade alles zu viel wird und kannst eingreifen, um gegenzusteuern. Lange vor dem großen Knall. Und der erste Schritt ist Selbstehrlichkeit. Anwesend sein mit Dir selbst und ohne Ablenkung. Nur Du und Du sozusagen. Um wirklich den eigenen inneren Puls fühlen zu können. Und auch im Bezug auf die eigene Person bewusst und handlungsfähig zu sein.



So fängst Du mit Selbstehrlichkeit an



Ein Mann sitzt entspannt und nachdenklich in einem Schreibtischstuhl

Selbstehrlichkeit ist sowohl ein Tool als auch eine Fähigkeit, die Du Schritt für Schritt entwickeln kannst. Je nachdem, wie geübt Du bist und wie hoch Dein aktuelles Stresslevel ist, kann es Dir leichter oder schwerer fallen, Dir selbst offen und ehrlich zu begegnen. Falls Du anstrengenden Gefühlen bisher eher aus dem Weg gegangen bist, taste Dich gerne langsam heran und mach Dich erstmal mit dem neuen Terrain vertraut. Hilfreich dabei ist vor allem eine offene, neugierige Haltung.


Im Folgenden findest Du Anregungen, wie Du in die Praxis der Selbstehrlichkeit einsteigen kannst. Denk daran: Du bist immer mehr als Deine Gefühle und Gedanken. Und auch, wenn es mal rumpelig werden kann, ist jeder Versuch ein Schritt auf dem Weg zu mehr Klarheit, innerer Verbundenheit und neuen Handlungsoptionen.

  1. Für viele ist es hilfreich, sich einen ruhigen, sicheren Ort zu suchen - manchmal ist das auch das um die Ecke geparkte Auto. Wenn Du schon eine grobe Ahnung hast, dass Du aufgewühlt sein wirst, schau, dass Du dann hast, was Dich gut unterstützt. Das kann das Einplanen von etwas mehr Zeit sein, damit Du nicht direkt wieder für jemanden funktionieren musst. Das kann eine Person sein, der Du von Deinen Funden und Erlebnissen erzählen kannst. Oder etwas anderes.

    Wenn es sich für Dich passender anfühlt, kannst Du natürlich auch spazieren gehen. Schaffe Rahmenbedingungen, die für Dich passen. Und wenn Du diese Rahmenbedingungen noch nicht kennst, darfst Du gerne neugierig ausprobieren.


  2. Im Sitzen kannst Du die Augen schließen, wenn sich das sicher anfühlt. Manchen Menschen hilft es, sich eine Hand auf das Herz und eine Hand auf den Bauch zu legen. So wird Dein Kontakt zu Dir selbst auch auf körperlicher Ebene spürbar. Du kannst paar Mal langsam und tief durchatmen, um behutsam zu Deinem Innendrin aufzubrechen. Falls all das neu für Dich ist oder Dein Kopf sehr voll und laut, sei geduldig mit Dir. Es ist normal, wenn der Einstieg sich ungewohnt, zäh oder chaotisch anfühlt. Bleib dran - jeder Versuch liefert Dir neue, wertvolle Erkenntnisse über Dich.


  3. Stell Dir die Frage "Wie geht es mir gerade? Wie geht es mir wirklich?" Mir hilft es manchmal auch meinem Inneren wie einem Gegenüber zu begegnen und zu fragen "Wie geht es Dir gerade? Wie geht es Dir wirklich?"


  4. Falls Du nach einer Millisekunde mit der Antwort "Alles tutti, weiter geht's" auftauchst - das kann gut so sein. Und vielleicht hältst Du doch noch einmal kurz inne, atmest einmal tief durch und überprüfst, ob Du tatsächlich eine nüchterne, ehrliche Bestandsaufnahme von Deinem Inneren gemacht hast oder ob Du vor der Tür nach Innendrin stehengeblieben bist, weil Du sie eigentlich nicht öffnen möchtest.


  5. Gefühle sind wie Wellen. Sie steigen an, erreichen einen Höhepunkt und flachen dann wieder ab. Oft brechen wir das Fühlen unangenehmer Emotionen kurz vor dem Scheitelpunkt ab, weil es zu viel wird oder wir Angst bekommen, dass das Gefühl nun für immer so bleibt. Das ist total verständlich. Allerdings verpassen wir dann das Erlebnis, dass das Gefühl sich nach dem Erreichen des Scheitelpunkts von alleine wieder beruhigt. Dann, wenn es durchgefühlt ist bzw. durch uns durchfließen konnte. Das bewusst so zu erleben, kann ein Wendepunkt im Umgang mit schwierigen Gefühlen sein und viel Angst nehmen. Es ist aber auch völlig in Ordnung abzubrechen, wenn Deine Emotionen zu stark oder überfordern sind. Das Surfen von Gefühlswellen ist ein echter Lernprozess.


  6. Du kannst dann kleine, konkrete Schritte gehen, um das, was Du in Deinem Inneren findest, für Dich greifbar zu machen. Versuche, Gefühle zu benennen. Laut oder leise. Nur für Dich. Du kannst z.B. auch ungefiltert aufschreiben, was Du fühlst oder was Dir durch den Kopf geht. Das dürfen Stichpunkte sein. Falls Du starke Gedanken hast oder Dich und Deine Gefühle abwertest, notier auch das. Es ist das, was Du gefunden hast, als Du Dir selbst ehrlich begegnet bist. Das sind alles wichtige Informationen, um Dich selbst besser kennenzulernen und zu verstehen.


  7. Leg Deine Hände auf Herz und Bauch, atme tief durch und spüre, wie Dein Körper sich anfühlt. Gibt es eine Körperregion, die sich gerade anders anfühlt als sonst? Wie fühlt es sich dort an? Mach nochmal einen kurzen Check: Wie fühle ich mich jetzt? Auch wenn die Gefühle vielleicht intensiv waren, werden sie wieder abflauen. Und Du wirst mit der Zeit merken, dass Du stärker mit Dir selbst in Kontakt kommst, je mehr Du diese Wellen zulassen kannst.


Du bist es so wert, Dich auf den Weg zu Dir selber zu machen. Und wenn Du noch nicht glauben kannst, dass Du es wert bist - ich verspreche es Dir. Du bist es wert. Und wir brauchen Dich in vollständiger Präsenz auf diesem wilden Planeten.

Ist dieser Weg leicht? Nein. Es ist eine Held:innenreise voller Herausforderungen mit Blut, Schweiß und Tränen. Na gut, Blut hoffentlich nicht, Schweiß möglicherweise, aber Tränen sind wahrscheinlich. All das Wasser, das Du nicht nach Außen geweint, sondern nach Innen gesammelt hast, darf dann dahin, wo es hingehört. Weiß Du, wie schwer Wasser ist? Sehr schwer. Und Du musst es nicht länger mit Dir herumtragen.


Und wie es weitergehen kann


Die Klientin, von der ich oben erzählt habe, hat bei einer ehrlichen Bestandsaufnahme ihres Inneren entdeckt, dass die aktuelle politische Weltlage sie sehr viel mehr stresst, als sie wahrhaben wollte. Schließlich, so sagte sie, ist sie eine gut ausgebildete Person, die "mit allen Wassern gewaschen" ist und eigentlich sollte sie doch genügend innere Distanz haben, um mit schlechten Nachrichten und unberechenbaren Prozessen in anderen Ländern sachlich umgehen zu können. Ihre innere Realität war dennoch eine andere. Und dadurch, dass die eigenen Ansprüchen an sich selbst nicht mit ihrer inneren Realität zusammenpassten und sie versuchte, ihre tatsächlichen Gefühle und Bedürfnisse vor sich selbst zu verstecken, entstand zusätzlich ein enormer Druck. Gemeinsam konnten wir dann die harten und hohen Anforderungen entdecken, die sie an sich selbst hat. Und uns überlegen, was sie konkret ausprobieren kann, um sich innerlich entspannen zu können.


Selbstehrlichkeit ist eine der wichtigsten Grundbedingungen, um Klarheit über Deine innere Realität zu gewinnen.


Wenn Du mehr innere Klarheit, Ruhe und Handlungsfähigkeit gewinnen möchtest und mich bei diesen Prozessen an Deiner Seite haben willst, melde Dich für ein Kennenlerngespräch. Wir erkunden dann gemeinsam, wie Du Selbstehrlichkeit für Dich am besten nutzen kannst.






Bildnachweis:

Bild 1: Foto von Ute Friederike Schernau

Bild 3: erstellt mit Canva AI


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